ofengüpf

Die Sellenbüren


Zwischen Uetliberg und Ofengüpf

Vom Uto Kulm zieht sich ein scharfer Grat in westlicher richtung zum Reppischtal. Der Fussweg ist sehr steil, führt nebem dem Bauernhaus Alt-Uetliberg in den Wald hinunter, danach entlang der Hofstetterweide. Es ist ist ein für den Uetliberg typischer Hangkessel mit Hangrieden und wechselfeuchten Wiesen.

Dort, wo das Tal sich zum sogenannte Ofengüpf ausweitet, stand im Mittelalter ein Bürglein oder eine Anlage. Es wird durch ein schwer zu finden Waldweg erreicht. Keine Taffel zeigt den Weg. Sichtbar ist ein Ort mit Gräben und zwei Plateaus.

Der Hügel war wie geschaffen für eine von Natur aus gut geschützte Siedlung, denn der Ofengüpf, auf drei seiten praktisch sturmfrei, konnte auf der vierten, auf der Bergseite, durch Vertiefungen des bereits natürlichen Halsgrabens mit leichtigkeit fast unzugänglich gemacht werden.

Bilder links: Steiler Weg von Sellebüren zum Gratweg und Hofstetterweide. 

Bilder unten: Bauernhof Alt-Uetliberg und Kindlistein mit Brunnen. 



Archeologische Grabungen

Gefunden wurden reste einer spätbronzezeitlichen, also rund 3000 jahre alten siedlung. Die siedlungsfläche umfasste nicht den ganzen Ofengüpf. Die höchste Kuppe ergab keine überbauungsspuren. Zwei klare Siedlungsgruppen konnten unterschieden werden: das östliche und das westliche, etwas tiefer gelegene Plateau. Die gesamte Anlage war vorwiegend in Holz ausgeführt und Steine fanden als Baumaterial nur wenig verwendung.

Vermutlich stand auf dem östlichen plateau das „Herrenhaus“ und auf dem westlichen plateau eher die Dienerhäuser. Das Haupthaus trug einst eine Oberkonstruktion aus Holz. Der Vorplatz war mit grossen Steinplatten ausgelegt. Von einer Ringmauer wurden keine Spuren gefunden.

Die vorliegenden Fundstücke reichen vom 11. Jh. bis ins 12. Jh (u.a. Keramik, Hufeisenfragmente, Schlüssel, ein Messer, eine Gürtelschnalle, Pfeilspitzen und ein Stachelsporn). Es lassen sich keine funde ausmachen, welche ins 13. Jh. hinaufreichen. Zusammen mit teilweisen Steinsockeln und Flechtenwänden, geben die Fundgegenstände den Hinweis, dass die Anlage im 12. Jh. aufgegeben wurde, d.h. wahrscheinlich nach dem Tod Konrads von Sellenbüren (1126).

Dass sie einst abbrannte, ergibt sich aus den kohlenresten, welche über den ganzen Hügel zerstreut aufgefunden wurden. Dem Ausgrabungsbericht zufolge wurde die Anlage – wahrscheinlich von ihren Bewohnern – ordentlich geräumt und anschliessend in Brand gesteckt.

Erstaunlicherweise sind auf dem höchsten Punkt der Anlage, wo man einen Turm vermutet hatte, keine Siedlungsreste auszumachen. Trotzdem wurde dieser Punkt bis heute leider immer wieder von Schatzsuchern heimgesucht.

Die überaus bescheidene Anlage, die anscheinend nicht einmal einen Bergfried besass, wiederspricht der Annahme dass das die Sellenbüren hier ihre stammburg hatten. Eher erscheint, dass die Uetliburg der Hauptsitz war. Von Dorf Sellebüren aus sieht man ganz gut nach oben zu der ehemalige Festung. Der Uto Kulm, wie auch Sellebüren und Mädikon, gehören bis heute zur Gemeinde Stallikon.

Bilder links: 

  • Südlicher Plateau (früher mit Zisterne und Palissade) und höchste Punkt (Burgenwelt.org).
  • Sicht auf dem Uto Kulm vom Ofengüpf aus. 

Die Freiherren von Sellenbüren

Die Familie von Sellenbüren tritt in den Quellen nur selten in Erscheinung, obwohl sie ein bedeutendes Geschlecht gewesen sein muss. Alle drei bekannten Freiherren von Sellenbüren verschenkten grosszügig Güter und Rechte im Reppischtal und der weiteren Umgebung an Klöster. Deshalb lässt es sich vermuten, dass sie von einer Adelsfamilie abstammten, welche über grossen Besitz vom Limmattal bis in die Innerschweiz verfügt hatte.

Über die Freiherren von Sellenbüren selbst ist kurz folgendes zu berichten: in der Gründungsgeschichte des benediktinischen Klosters St. Blasien (im Schwarzwald) wird erzählt, Reginbert aus dem „Zürichgau“ (auch Reinbert von Seldenbüren genannt) habe im Heere Ottos I. dienst getan, als 936 die Bayern sich gegen den Kaiser empört hatten. Der dem Kaiser sehr liebe und vertraute Reginbert soll im jahre 941 in einer Schlacht eine Hand verloren und sich darauf mit Erlaubnis des Kaisers zu den Brüdern von St. Blasien begeben haben. Im Jahr 941 fand ein gescheitertes Mordkomplott gegen Otto I. statt. Dem Kloster St. Blasien vermachte Reginbert Güter in Sellenbüren, Stallikon, Urdorf, Birmensdorf und Bonstetten. Wahrscheinlich besass er auch die Burg „der Erbe des Ottos“ (Uetliburg). Er starb am 29. Dezember 962 (oder 964). Reginbert war aber nicht der erste Gründer des Klosters St. Blasien; bereits im 9. Jh. bestand eine von einem Adligen namens Sigemar im Jahr 856 (oder 858) gegründete Einsiedelei im Schwarzwald. Möglicherweise war das Kloster St. Blasien im 10. Jahrhundert zeitweise unbewohnt, so dass bei der Ankunft Reginbert eine neue Gründung stattfand.

Heinrich von Sellenbüren war vermutlich der Bruder Reginberts. Er beschenkte 1092 das Kloster Muri mit Gütern in Rohrdorf und das Kloster St. Blasien mit Gütern.

Schliesslich, Konrad von Sellenbüren war vermutlich der Sohn Heinrichs und liess auf seinem Gut in Engelberg 1122 das Kloster Engelberg erbauen, dem er seinen Besitz im Engelbergertal, im Zugerland und zwischen Reuss und Albis vermachte. Später trat er nach der Überlieferung selbst ins Kloster ein. Am 2. Mai 1126 wurde er ermordet. Damit erloschte die männliche Folge der Freiherren von Sellenbüren.

Verbindung zwischen Sellenbüren, Berau und Eschenbach

Die Sellenbüren waren möglicherweise mit dem Ritter Gottfried von Berau verwandt (um 1100). Die Burg Berauerhorn war einst eine kleine keltische Festung, gehörte zum schwäbischen Albgau und befindet im Osten von Ühlingen-Birkendorf im heutigem Landkreis Waldshut in Baden-Württemberg. Die Familie hatte starke Beziehungen zum Kloster St. Blasien und führten im Wappen drei schwarze Bärenköpfe. Die Berau waren möglicherweise im Dient der Herren von Wittlisberg, welche die Küssaburg besassen. Sie standen damals in Opposition zu den Grafen von Lenzburg, die den Kaiser Heinrich IV (1050-1106) unterstützten. Die Berau und Sellenbüren waren an der Erschliessung des Schwarzwaldes beteiligt. Von 1240 bis 1247 war Arnold von Berau Abt in St. Blasien. Ursprünglich gehörte das Vogtrecht über St. Blasien den Herren von Eschenbach, eines der bedeutendsten Adelsgeschlechter in der Innenschweiz und bei Zürich. Sie bauten u.a. 1185 die Schnabelburg am Albispass.

Bilder links: 

  • Wappen der Sellenbüren und des Dorfes Berau noch heute (schwarzer Bär). 
  • Reginbert überreicht dem Bischof von Konstanz die Gründungsurkunde des Klosters St. Blasien, Chorbogenbild, 1913, im Dom in St. Blasien (Joachim Schäfer).
  • Medaillon, um 1745, über Konrads Grabmahl in der Klosterkirche in Engelberg (Johachim Schäfer).

Verbindung zwischen Sellenbüren und Regensberger

Wie wir es auf andere Seiten schon erwähnt haben, ist es wahrscheinlich, dass die Freiherrn von Sellenbüren mit den Lenzburger und Regensberger verbündet waren. Dies ist gestützt auf dem Fakt, dass wir die Regensberger nach dem aussterben der Herren von Sellenbüren und der Herren von Lenzburg im Besitze einst unzweifelhaft sellenbürenscher Güter und Rechte antreffen. Die Uetliburg war im Gebiet der Engelberger Vogtei Stallikon / Sellenbüren. Kurze Zeit nach dem Tod Konrads von Sellenbüren ging der Besitz, inklusiv Uetliburg und Baldern, zu den Lenzburger-Baden über, dann zu den Regensberger. Die Lenzburger waren Reichsvögte, u.a. im Dienst des Kaisers Barbarossa. Mit dem Aussterben der Lenzburger 1173 begann der Aufstieg der Regensberger. Die Beziehungen zwischen den Sellenbüren und den Regensberger, ob familiär oder ökonomisch, scheint eng gewesen zu sein, historisch gesehen bleibt es aber spekulativ. Fakt ist, dass v.a. mit Lütold IV. von Regensberger (1140-1218), diese Familie über ein grosses Gebiet im Zürichgau herrschte. Weder die Eschenbach noch die Regensberger waren Freunde der Habsburger und des Reiches.

Zur grosse Zeit der Regensberger musste die Uetliburg eine bedeutende Stellung gewesen sein, gedeckt im westen von der alten Anlage der Sellenbüren, im osten von der Friesenburg und im Süden von der Burg Baldern. Es lässt sich auch die Frage aufwerfen, ob nicht vielleicht eine frühere Burg Manegg, über deren einstige zugehörigkeit man nichts weiss, zum system der Üetliburg gehört haben könnte.

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(Bild: Susanne als Jägerin auf dem Ofengüpf)